Klaus traf Klaus
Auf unseren Kirchhof trafen sich kürzlich zwei Kläuse. Welche Kläuse, so fragen Sie sich?! Und zu welchem Anlass?! Eine Antwort finden Sie, wenn Sie weiterlesen.
Stellt euch vor, wen ich gerade im Kirchhof gesehen habe! Zweimal Klaus! Welchen Klaus fragt ihr Euch? Na, nicht den von Anita. Den Nikolaus von Myra und dann noch den von der Flüe. Ja sicher, ich weiss, dass der Nikolaus von Myra viel früher gelebt hat und daher den Nikolaus von der Flüe nie im Leben getroffen hat. Aber sie leben ja beide nicht mehr auf der Erde und trotzdem feiern wir Nikolaus und unsere Kirche heisst Bruder Klaus, das heisst sie sind schon „irgendwie“ unter uns.
Die beiden haben über uns geredet, ja genau, über den Kirchenchor. Also, der eine Klaus, der meinte, dass er ja gerne bei uns in der Kirche ist, weil sie seinen Namen trägt. Und ganz besonders gut gefällt es ihm dort, wenn der Chor singt. Gerade neulich ja wieder, an Allerheiligen, da gab es ein rhythmisches Lied, welches er sogar ein bisschen mitgesummt hat. Ganz so einfach wie die Lieder, die er früher gesungen hat, war das aber nicht. Er wäre immer mal wieder ein bisschen „verkommen“ und hat zu schnell oder zu langsam gesungen, gestand er. Der andere Nikolaus hörte interessiert zu und wollte wissen, wie denn die Kirchenmusik heute so sei. Er selber, Nikolaus von Myra, wird ja fast nur noch auf der Strasse und im Wohnzimmer begrüsst. Da hört er immer die gleichen Gedichte und Lieder, vor allem das mit dem Kehrvers „Lustig lustig tralalala“. Wenn der Bruder Klaus regelmässig in der Kirche sei, könne er doch was über die Kirchenmusik erzählen. Das liess sich Bruder Klaus nicht zweimal sagen und legte los. Die Kirchenmusik, die ist ganz anders als früher. Früher, da haben wir ja Latein gesungen, auch wenn wir nicht so genau wussten, was wir da eigentlich singen. Heute ist das anders – da singen sie auch Englisch im Kirchenchor Bruder Klaus. Was aber beim Englischen im Vergleich zum Latein ähnlich geblieben ist: sie verstehen auch nicht immer alles, was sie singen. Aber es klingt ganz toll. Viel voller und nicht so langweilig und einstimmig wie bei uns der gregorianische Choral. Am Karfreitag, da haben die sogar in einem Stück Englisch, Latein, Aramäisch, Griechisch und ich weiss nicht was noch gesungen. Mensch, das ist so richtig unter die Haut gegangen. Ganz toll haben sie das gemacht und sicher stundenlang dafür geübt. Und am Bettag, da habe ich gedacht, die singen das Sanktus mit der Gemeinde zusammen. Doch plötzlich klang es von oben ganz anders, weil der Chor andere Stimmen gesungen hat als die Gemeinde. Die Gemeinde, die war aber sattelfest und liess sich nicht aus dem Takt bringen. Und dann... aber da unterbrach ihn der Nikolaus und fragte, wie das denn sein kann, dass die Gottesdienste so toll vom Chor und der Orgel gestaltet werden. Oh, da kann ich auch was erzählen, meinte Bruder Klaus. Er hätte sich das auch schon gefragt und sich drum mal heimlich in eine Probe geschlichen. Dabei habe er gemerkt, dass die 40 Sängerinnen und Sänger ganz regelmässig Dienstags mindestens eineinhalb Stunden proben. Nicht nur einfach die Noten singen, nein, da wird geschaut, dass alle gleichzeitig atmen und die Stimmen ausgewogen klingen. Und das machen die alle freiwillig, nur für „Gottes Lohn“!
Wow, meinte da der Nikolaus. Das ist aber Engagement! Und die kommen wirklich immer alle jede Woche? Ja, ausser mal ist einer krank oder in Ferien, aber sonst kommen die jede Woche zur Probe, sagte Bruder Klaus. Der Nikolaus sah nachdenklich aus und fing dann an, in seinem Sack zu wühlen. Meinst du, fragte er den Bruder Klaus, auch wenn das keine Kinder mehr sind, ob die sich wohl noch über ein Nikolausgeschenk freuen? Ich hätte da was, schau mal hier – das passt doch oder? Der Bruder Klaus schaute in den Beutel des Nikolaus‘.
Ich wollte auch sehen, was der Nikolaus dem Bruder Klaus hinhielt und bewegte mich etwas. Oh, und dann, dann haben sie mich gesehen! Ich hätte ja gerne noch mehr über uns als Chor gehört, aber die sind plötzlich weg gewesen. Einfach so. Wie vom Erdboden verschluckt oder in den Himmel aufgefahren – keine Ahnung wie, aber ich stand alleine im Hof. Der Beutel, den der Nikolaus in der Hand hielt, der lag aber noch auf dem Boden und ich hob ihn auf – hier, diesen hier meine ich.
Mal sehen, was drin ist: ach, ein Zettel.
„Lieber Kirchenchor – macht weiter so, ich habe grosse Freude an Euch und bitte Euch mit den Worten von Paulus an die Kolosser: „Singt Gott in eurem Herzen Psalmen, Hymnen und Lieder, wie sie der Geist eingibt, denn ihr seid in Gottes Gnade.“
Hier ein kleines Geschenk, damit ihr auch gesund bleibt und an Weihnachten ganz toll singen könnt. Ich bin sicher, der Bruder Klaus wird auch an Weihnachten zuhören und Eure Musik geniessen. Euer Nikolaus“
Verfasst zum Klausenhock des Kirchenchores im Dezember 2015 von Vera Binder